Schulen

Die Machtübernahme der Taliban bedeutet, dass viele afghanische Schulen in ihrer Arbeit massiv eingeschränkt sind – oder sie müssen sogar komplett schließen. Das Regime versperrt Mädchen immer mehr den Zugang zu Bildung und Schulen müssen ihren Stoff den radikal-islamischen Lehren der Taliban anpassen. Doch auch wenn die Taliban nach außen hin geschlossen auftreten, ist ihre Macht noch lange nicht so gefestigt, wie sie sich das selbst wünschen würden. Vor allem in ländlichen Regionen sind Schulen daher bedroht, stehen aber noch nicht vollständig unter dem Einfluss der Islamisten.

Konkret bedeutet das: Bis heute haben sich Freiräume erhalten, die ungestörten Unterricht zulassen. Genau hier setzt der Verein „Ein Herz für Afghanistan“ an. So konnten sich dank einer großzügigen Spende von 6.000 Euro im Jahr 2022 drei Schulen in Zentralafghanistan über neues Schulmaterial, renovierte Schulgebäude und bezahlte Lehrer freuen.  Im Frühjahr 2023 konnte der Verein weitere 8.000 Euro Spendengelder für eine weitere Unterstützung der bereits geförderten und anderer Schulen in der Region nach Afghanistan senden.

Denn schon vor dem Regimewechsel im August 2021 haben Lehrer sehr niedrige Löhne erhalten. Jetzt hat der Staat seine Zahlungen in die benachteiligten, von Hazara bewohnten Regionen nochmal stark eingeschränkt. Die Schulen sind meist ärmlich ausgestattet: Oft haben die Schüler keine Lehrbücher, und wegen fehlender Stühle müssen Kinder auf dem Boden sitzen.

Auf dem Papier ist Mädchen der Schulbesuch nach der sechsten Klasse zwar verboten, aber einige Schulen halten die Vorgaben nur teilweise oder gar nicht ein. So unterrichtet die „Faizia Girls High School“ immer noch Mädchen von der ersten bis zur zwölften Klasse.

Der Erfolg des Projektes geht dabei auf das enge Vertrauensverhältnis und die gute Zusammenarbeit mit den Schulleitern zurück: Über WhatsApp, am Telefon und per E-Mail besprachen sich Vereinsmitglieder und Schulleiter, auch wenn sie bisweilen mehrere Stunden auf Berge klettern mussten, um Empfang zu haben und eine Nachricht zu senden.

Bereits 1982 haben Bewohner der umliegenden Dörfer die Faizia Boys School gegründet und aufgebaut. Bis 2001 befand sich die Schule auch in einem verhältnismäßig guten Zustand, da der deutsche Verein „Freundeskreis Afghanistan“ das Projekt unterstützte. Doch dann verfiel das einfache, selbst gebaute Lehmgebäude. Trotzdem bleibt sie eine angesehene Schule in der Region und Kinder laufen teilweise vier Stunden pro Strecke, um zum Unterricht zu gelangen. Durch ihren guten Ruf kommen auch Schüler aus anderen Orten auf die Schule und einige Absolventen konnten Stipendien im Ausland (Indien, Pakistan usw.) erhalten.

Vor allem im Winter war die Schule als Lernort kaum nutzbar: Der Großteil der 500 Schüler musste auf dem Boden sitzen, durch die glaslosen Fenster zog der Wind und es fehlte an Tafeln. Die Lehrer arbeiteten zum Teil ohne Lohn. 

Das ist Vergangenheit: Die Spenden vom Jahr 2022 und 2023 ermöglichten, die Schule zu erneuern, Stühle und Tische herzurichten, Fenster einzusetzen, Labor- und Schulmaterial zu kaufen und die Lehrer erhielten ihre ausstehenden Jahresgehälter.

Die Faizia Girls High School  liegt nur wenige hundert Meter von der Faizia Boys High School entfernt und eröffnet etwa 600 Schülerinnen eine Zukunft mit Perspektive: Auch nach der Machtübernahme der Taliban können hier Mädchen im Alter von über zwölf Jahren in den Unterricht kommen – was eigentlich gegen den Willen der Taliban verstößt. Besonders erschwert fehlendes Schul- und Büromaterial den Schulbetrieb. Seit dem Regimewechsel konnte die Schule außerdem zwei Lehrer nicht mehr bezahlen.

Mit den Spenden aus dem Jahr 2022 und 2023 können nun wieder alle Schülerinnen mit eigenen Stiften und Heften den Lernstoff mitschreiben, die Lehrer gehen mit ihrem Gehalt nach Hause und die Schule verfügt nun über zwei Laptops für Büroarbeit und Kommunikation.  Zudem konnte die Photovoltaikanlage instandgesetzt werden und Maßnahmen gegen das Eindringen von Wasser und Schnee in die Schulräume umgesetzt werden.

Die Andesha Boys and Girls Secondary School hat erst 2018 ihren Betrieb aufgenommen. Hier kommen vormittags Jungen und nachmittags Mädchen zum Unterricht. Zusätzlich zum normalen Schuljahr von März bis November bietet sie auch im Winter Kurse an. Da staatliche Hilfe ausfällt und Eltern selbst für diese Kurse aufkommen müssen, übernahm der Verein fünfzig Prozent der Kosten, um auch den ärmsten Kindern die Teilnahme am Schulleben zu ermöglichen. Zusätzlich zahlte der Verein Lehrerinnengehälter und Schulmaterial. Bei dieser Schule war die Koordination mit dem Schulleiter besonders schwierig, da dieser für jedes Telefonat mehrere Stunden bis in die nächste Provinzhauptstadt fahren muss (jede Reise in Afghanistan bleibt mit der Gefahr eines Raubüberfalls verbunden).

In der Markazi Jaka High School im Dorf Jaka Pashi gibt es 418 Schüler, davon 250 sind Mädchen. Das Dorf steht unter der Kontrolle der Taliban und diese gehen manchmal gewaltsam gegen die heimischen Hazara-Bevölkerung vor. Auch werden die Schulen im Dorf von der Taliban-Regierung nicht unterstützt.

Die Situation der Mädchen und Frauen ist nicht gut. Es gibt keine Alphabetisierungskurse für Frauen und ihre Rechte werden sehr wenig berücksichtigt. Obwohl Mädchen von höheren Schulen offizielle ausgeschlossen wurden, gelingt es der  Markazi Jaka High School bislang Mädchen bis zur 12. Klasse zu unterrichten.

Mit den Spenden vom Frühjahr 2023 konnte ein Lehrerjahresgehalt bezahlt werden und Toiletten für Mädchen gebaut werden.

Die Situation hinsichtlich der Taliban und der Rechte der Frauen im Dorf Ulyiad ist identisch mit der Situation im Nachbardorf Jaka Pashi. 

In der Ulyad High School gibt es 280 Schüler und 300 Schülerinnen. Auch hier ist das Problem des Lehrermangels dramatisch. Oft kommen die SchülerInnen nach einem langen Fußmarsch in der Schule an und kein Lehrer ist da. So spielen sie unbeaufsichtigt bis Schulende, ohne etwas zu lernen.

Mit den Spenden vom Frühjahr 2023 kann der Verein ein Herz für Afghanistan ein Lehrerjahresgehalt für die Ulyad High School finanzieren.

Die Rais Abdullah Kahn Primary School unterrichtet an die 250 Schüler und Schülerinnen. Für Mädchen bietet sie bis zur sechsten Klasse formellen Unterricht und danach weitergehende informelle Kurse an, die den Schulstoff bis zur 12. Klasse behandeln. Der Verein unterstützt die Schule mit Schulbüchern, Möbeln, Fenstern, einer Pumpe, Druckern und Lautsprechern für Englischunterricht. Alle Installations- und Tramsportarbeiten werden von dem Schulteam umsonst geleistet.

Barkar liegt in einem Bergtal in Daikundi. Dort leben ca. 18.000 Menschen in sieben Dörfern, die sich auf das Haupttal und mehrere Seitentäler verteilen. Das Land ist sehr karg. Wasser ist im Sommer knapp. Die Bewohner sind Hazara. Im Sommer gibt es Konflikte um Weideland mit den Kuchi, die Nomaden sind und große Schafherden in die Berge treiben. Die Ernährungssituation ist allgemein schlecht.

Es gibt sieben Schulen, drei davon sind seit mehreren Jahren in Betrieb und haben eigene Schulgebäude. Alle drei liegen im Haupttal. Sie bieten Unterricht von der 1. bis zur 12. Klasse. Die anderen vier Schulen liegen in den Seitentälern und befinden sich in vorübergehend verlassenen Häusern, Lehmhütten und in einem Zelt. Ca. 2.500 Schüler sind registriert. Die Zahl der Kinder, die nicht in die Schule gehen können, ist nicht bekannt. Gründe dafür sind Mangel an Klassenräumen und Lehrern, die Kosten der Schulmaterialien für die Familien und weite und mitunter gefährliche Schulwege. Außerdem müssen viele Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern arbeiten. Das sind knapp 50 Prozent der registrierten Schüler sind Mädchen. Es gibt ca. 50 Lehrer, die von der Regierung und von den Eltern bezahlt werden. Diese Mittel reichen aber nach derzeitigem Stand nur bis Mitte 2023, sodass voraussichtlich Lehrer entlassen werden müssen.

Der Verein finanziert Gebäudereparaturen, Tafeln, Teppiche (Schüler sitzen auf dem Boden) und Unterrichtsmaterialien, die in diesen sieben Schulen aufgeteilt werden. Unser Ansprechpartner ist der Barkar World Council, dessen lokaler Vertreter mit Gremien über die Verwendung der Mittel verantwortlich ist.